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Borreliose und Ayurveda - Einführung in das Agada Thanthra




Im Hinblick auf die Vielzahl von Toxinen, die darin Erwähnung finden, sowie auf seine Pharmakologie mit ihren wunderbaren Heilerfolgen, nimmt das Agada Thanthra zweifellos eine herausragende und einzigartige Rolle auf dem Gebiet der Toxikologie ein.


Es wird darin die Wirkung von verschiedenen Giften, wie denen von Pflanzen, Insekten, Tieren, Nahrungsmitteln und solchen, die künstlich hergestellt werden, sowie die Giftwirkung von Mineralien und Metallen, beschrieben. Aufgrund der vielseitigen Flora und Fauna, war Kerala in früheren Zeiten ein Ort, an dem die Menschen häufig aufgrund von Vergiftungen einen Arzt aufsuchen mussten, woraus sich im Laufe der Zeit ein eigener medizinischer Zweig im Ayurveda entwickelte. Ärzte, die sich in diesem Bereich spezialisiert hatten, wurden als Experten auf diesem Gebiet bekannt und ihre Familien setzten diese Heilkunde als Tradition fort. Sie entwickelten über die Zeit hinweg ein umfangreiches Wissen auf diesem Gebiet und eine Pharmakologie, die einzigartig auf der Welt sind.


Ähnlich wie heute schwache Bevölkerungsgruppen Terrorismus und Guerilla-Kriegen als eine Methode benutzen, um gegen einen stärkeren und mächtigeren Feind zu kämpfen, so entwickelten in früheren Zeiten die schwachen und unterdrückten Randgruppen der Gesellschaft schwarzmagische Praktiken und langsam wirkende Gifte, um die herrschende Bevölkerungsschicht zu terrorisieren und sich an ihr zu rächen. Dadurch kamen viele Menschen gesundheitlich zu Schaden und man suchte nach Heilungsmöglichkeiten hierfür. Auf diesem Weg fanden Ärzte auch heraus, dass auch viele Nahrungsmittel, die normalerweise bedenkenlos verzehrt werden können, eine Giftwirkung entfalten, wenn sie zusammen mit bestimmten anderen Lebensmitteln gegessen werden, wie z. B. Fisch in der Kombination mit Milch oder Milchprodukten. Dies kann auf Dauer zu Krankheiten führen, wodurch eine entsprechende Behandlung notwendig wird.


Aus der Sicht des Ayurveda besitzen Gifte einen dunklen, thamas-artigen Charakter, der im Gegensatz zu Ojus steht, welches wir als eine natürliche und gesunde Ausstrahlung verstehen können, die Ausdruck für eine lichte sathwa-artige Natur ist und sich durch die Dhatus, die Grundmaterialien des Körpers ausdrückt. Toxine verdunkeln diese reine und lebendige Ausstrahlung, so wie volken die Sonne verschatten. Die Wirkung von Giften wird begünstigt durch das Vorherrschen bestimmter Eigenschaften im Menschen oder in der Umgebung, wie z. B. Nacht, ein bewölkter Himmel, der den Mond oder die Sonne verdeckt, Schlaf oder Bewusstlosigkeit, ein thamas-artiger Charakter des Patienten oder das Vorherrschen von thamas-artigen Gefühlen, wie Angst oder Hoffnungslosigkeit. Die gleichen Faktoren begünstigen auch allgemein die Entwicklung von Krankheiten. In allem, was in irgendeiner Verbindung mit solch künstlichen Giften steht, wie z. B.die Menschen, die sie herstellen und verwenden, die Materialien, die diese Menschen benutzen und die Art der Anwendung dieser Gifte, kann ebenfalls ein Vorherrschen von Thamas oder Dunkelheit festgestellt werden.


In früheren Zeiten waren Schlangen in Kerala nichts Außergewöhnliches, ebensowenig wie Schlangenbisse. In jenen Tagen, in denen die Kommunikationstechnologie und die Transportmöglichkeiten, die ein schnelles Vorwärtskommen gewährleisten können, noch nicht entwickelt waren, mussten die Opfer von Schlangenbissen ihr Leben oft lassen, noch bevor sie einen Arzt erreichten. Was die Sache noch verschlimmerte war, dass die Ärzte nachdem sie den Patienten untersucht und die Diagnose gestellt hatten, einige Zeit zur Herstellung der Medizin benötigten. Um Abhilfe gegen diesen Zustand zu schaffen, entwickelten die Agada-Ärzte eine Art von Astrologie, die es ihnen ermöglichte, Schlangenbissen vorherzusagen und eine Diagnose im Voraus zu stellen. Wie in Erzählungen berichtet wird, gehörte es für solche Ärzte zur allgemeinen Routine, bei einem Abendspaziergang mit ihren Assistenten Heilpflanzen für Patienten zu sammeln, von denen sie bereits vorhersehen konnten, dass sie in der Nacht oder am darauf folgenden Tag zu ihnen gebracht werden würden. Dies hatte den Vorteil, dass die Zubereitung der Medizin erstaunlicherweise bereits in vollem Gang war, wenn der Schlangenbiss erfolgte! So war die Medizin bereits fertg, als der Patient gebracht wurde. Diese Ärzte waren in der Lage, aus astrologischen Besonderheiten und einigen Zeichen, die sie in ihrer Umgebung beobachteten, solche Ereignisse vorauszusehen. Die Schlange, die den Biss verursachte, mag oft nicht erkannt worden sein.


Für die Behandlung und Auswahl der Medizin, ist es jedoch wichtig zu wissen, welche Art von Schlange den Biss verursacht hat. Agada-Ärzte tragen hierfür bis heute eine medizinische Mischung bei sich, die sie auf eine Beetelblatt streichen und dem Patienten verabreichen. Er muss diese kauen und den Saft zu sich nehmen. An dem Geschmack der dabei von dem Patienten wahrgenommen wird, kann der Arzt feststellen, um welche Art von Schlange es sich handelte. Das Ungleichgewicht der doshas führt immer zu einem veränderten Geschmacksempfinden und im Falle von Giften entstehen signifikante Veränderungen, so dass die gleiche Medizin für den einen Menschen bitter schmeckt, während sie für einen anderen süß ist und für einen weiteren geschmacklos erscheint. Diese Anwendungen zeigt in eindrücklichster Weise den Zusammenhang von Geschmacksrichtung oder Geschmacksempfinden und doshas auf, welcher ein grundlegendes Prinzip der ayurvedischen Medizin darstellt.


In der heutigen Zeit kommen Schlangenbisse nicht mehr so häufig vor und Schlangengiften aller Art kann mit einem einzigen Gegengift entgegengewirkt werden, das in den meisten schulmedizinischen Krankenhäusern vorhanden ist. Schlangenbisse sind sehr selten geworden, da sich die Menschen nicht mehr wie früher ohne Licht in der Dunkelheit zu Fuß durch Wald- und Buschlandschaften fortbewegen und auch weil es heute nicht mehr so viele Schlangen gibt. Auch Insektenstiche und –bisse und Vergiftungen durch Pflanzen sind wesentlich seltender geworden. Selbst das vorsätzliche Vergiften von Menschen kommt glücklicherweise heute kaum mehr vor. Aufgrund all dieser Tatsachen ist die Bedeutung des Agada Thanthra heute mehr in den Hintergrund gerückt. Dafür haben durch das Aufkommen neuer Nahrungsmittel und den Gebrauch von künstlichen Nahrungsmittelzusätzen, Konservierungsstoffen und Pesitziden, durch Genmanipulation und Fälschung von Nahrungsmitteln, durch neue Zubereitungsarten und Gerichte, duch die Verwendung von neuen Metallen und Legierungen für Kochgeschirr, sowie durch den Verlust von traditionellen, für die jeweiligen Menschen passenden Nahrungsgewohnheiten, neue Gifte den Platz der früheren Gifte eingenommen. Diese besitzen zwar eine langsamere aber dafür tiefere und weitreichendere Wirkung auf Mensch und Natur.


Innerhalb der modernen globalen Kultur existiert kein tieferes Wissen mehr, keine Regeln und Gesetze, und Traditionen haben ebenfalls ihre Bedeutung weitgehend verloren, so dass jeder alles und zu jeder Zeit essen darf, ob roh oder gekocht, ganz gleich wie es zusammengesetzt und zubereitet ist. Auf dem Gebiet der Ernährung und der Gerichte sind jegliche Phantasiegebilde erlaubt und jede Ernährungstheorie findet ihre Nachfolger. Es müssen keinerlei geographische Grenzen, kulturelle Unterschiede oder Jahreszeiten berücksichtigt werden. Restaurants, die Speisen aus allen Teilen der Welt servieren, öffnen uns in jeder Stadt die Türen und werden damit den Bedürfnissen einer modernen Erlebniskultur und Konsumgesellschaft gerecht.


Die Tatsache, dass wir heute weit mehr als früher chemischen Giften aller Art u. a. auch durch Umweltverschmutzung ausgesetzt sind, macht das Agada Thanthra auch für unsere heutige Zeit wieder aktuell. Im Ayurveda werden Mineralien und selbst hochgiftige Metalle, wie Blei, Quecksilber und Arsen, als Heilmittel angewendet. Dies ist möglich, da Verfahren entwickelt wurden, mit denen solche Stoffe sozusagen gereinigt und von ihrer

Giftwirkung befreit werden können, um sie für den Organismus verträglich und verwertbar zu machen. Anorganische Stoffe werden wiederholt mit spezifischen organischen Komponenten, wie z. B. Dekokten oder Kräutersäften aufbereitet und durch vielfältige alchemistische Verfahren umgewandelt. Das Agada Thanthra hat vieles vom Rasa Saasthra, dem Zweig der ayurvedischen Pharmakologie und der drawidischen Sidha-Medizin, die beide mit Mineralien und Metallen arbeiten, übernommen. Das Agada Thanthra hat dadurch das nötige Wissen und die Fähigkeit erworben, mineralische und metallische Stoffe in seiner Pharmakologie anzuwenden, sie zu reinigen und aus dem Körper auszuleiten.


Einzig und allein Aathma oder die Seele, welche Brahmam, das Absolute, repräsentiert, ist ewig und unsterblich. Alles andere unterliegt einem ständigen Wandel. Die grundlegenden Prinzipien des Ayurveda, die auf der Lehre der fünf Elemente, der drei Mahagunas, Doshas u. s. w. basieren, bleiben immer gleich, während sich ihr jeweiliger Wirkungsgrad je nach Lokalität und Zeit ändert. Die Qualitäten „kalt“ und „warm“ beispielsweise stehen beim Eskimo in einem anderen Verhältnis als beim Wüstenbewohner. Durch die verschiedenen Stufen der Entwicklung der Erde verändert sich das Gleichgewicht der fünf Elemente und bedingt dadurch die unterschiedlichen Formen des Lebens und der Natur. Auch die Art der Krankheiten ändert sich, sowie die Wirkungsweise der Heilpflanzen; es ändern sich eigentlich alle Dinge in ihrem Charakter. Somit ist es die Aufgabe jedes Ayurveda-Arztes, bei der Anwendung der ayurvedischen Prinzipien die jeweilige Zeit und Lokalität mit zu berücksichtigen.


Borreliose ist eine Krankheit, die sehr gut nach dem Konzept des Agada Thanthra behandelt werden kann. Ihr chronischer Verlauf und ihre komplexe pathologische Entwicklung fügen sich in die Kategorie von Dooshi Visha, welches nach dem Agada Thanthra Gifte sind, die sehr schwer neutralisiert und vom Körper ausgeschieden werden können. Sie dringen im weiteren Verlauf in immer tiefere Schichten des Körpers ein und durchdringen dabei immer mehr Dhathus (Grundsubstanzen des Körpers). Dadurch verändern sie ihren Charkter von Zeit zu Zeit und damit auch ihre Symptome, die in manchen Phasen auch völlig verschwinden können.


Mit diesem Hintergrund stellen wir ein Behandlungsprogramm für Borreliose vor, welches im Bundesstatt Kerala in Indien in Zusammenarbeit von verschiedenen Experten entwickelt wurde. Unter der Anwesenheit und fachkundigen Aufsicht eines Ayurveda-Arztes, der von dem gesamten Team unterstützt wird, zielt die Behandlung auf eine tiefgehende Reinigung und Entgiftung des Körpers gemäß dem Konzept des Agada Thanthra ab.

©Sajan Kumar Somarajan 2012

[Übersetzt von Christine Hein]

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