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Medizinierte Ayurvedische Öle

Ein Artikel über die Bedeutung, Herstellung und Anwendung von medizinierten Ölen im Ayurveda.

Freitag, 18. März 2011 um 13:53 Uhr veröffentlicht in www.ayurveda-portal.de

Die Bedeutung der Öle im Ayurveda

Medizinierte Öle umfassen einen wichtigen Bereich innerhalb der ayurvedischen Pharmakologie. In meinem indischen Heimatstaat, Kerala, findet man in jeder Stadt, selbst in den kleinsten, zumindest einige ayurvedische Apotheken, wobei jede von ihnen im Durchschnitt etwa 50 verschiedene medizinierte Öle in ihrem Sortiment führt. Wenn man sich die Produktlisten der führenden Hersteller ansieht, so lassen sich darin bis zu 250 und mehr verschiedene Öle ausfindig machen. Insgesamt sind über 300 Öle, die nach klassischen Rezepturen hergestellt werden, auf dem Markt verfügbar, wobei neue patentierte Öle noch nicht mitgezählt sind. In den klassischen Büchern werden noch hunderte von weiteren Rezepturen beschrieben, die auf dem Markt nicht geführt werden, die aber von ayurvedischen Ärzten nach Bedarf selbst hergestellt werden.


Das wirksamste Mittel zum Ausgleich von Kapha ist Honig, dasjenige für Pitha, Ghee und dasjenige für Vatha ist Öl, insbesondere Sesamöl. Daher stellt Öl eine ideale Grundlage für medizinische Zubereitungen dar, die dem Ausgleich von Vatha dienen. Die Vielfalt beschränkt sich im Ayurveda aber nicht nur auf die Öle, sondern ist auch auf dem Gebiet der Anwendungen zu finden, die sich nach den verschiedenen Körperbereichen und Krankheiten richten. Auf dem Kopf wird Öl beispielsweise in Form von Pichu angewendet, einer Behandlung, bei der ein gefaltetes Baumwolltuch, das in mediziniertem Öl getränkt wurde, auf die Mitte des Scheitels gelegt wird. Eine weitere Behandlungsform im Kopfbereich ist Thalam, bei der das Öl mit einer Kräuterpulvermischung zu einer Paste verrührt und auf der Mitte des Scheitels aufgetragen wird.


Die bekannteste Behandlung ist sicherlich Shirodhaara, der Stirnguss. Bei Shirovasthi, wird warmes Öl in einer Art Trichter, unmittelbar auf dem Kopf behalten. Weitere Behandlungen sind Urovasthi, bei dem Öl wiederholt erwärmt und auf dem Brustkorb bewahrt wird; Kateevasthi stellt die gleiche Behandlung auf dem Rücken dar; Thailavasthi ist ein Einlauf aus mediziniertem Öl; bei Dhaara wird warmes Öl wiederholt auf bestimmte Körperstellen oder über den ganzen Körper gegossen; unter Abhyangam versteht man eine allgemeine Ölmassage; Kabalam ist eine Anwendung, bei der Öl eine Zeit lang im Mund behalten wird; Snehapanam ist die innere Einnahme von Ghee oder Öl; bei Karnapooranam wird lauwarmes Öl in das Ohr gegossen; und bei Utharavasthi wird das Öl in die Genitalien eingeführt.


Allgemein gilt im Ayurveda das Auftragen von Öl auf den Kopf, in die Ohren und auf die Füße als höchst wichtig und wird als tägliche Anwendung empfohlen. Aus ayurvedischer Sicht macht die tägliche Ölmassage die Haut spannkräftig, beugt der Faltenbildung vor und verbessert das Sehvermögen. Die Massage begünstigt weiterhin eine gute körperliche Entwicklung, wirkt förderlich auf einen gesunden Schlaf und trägt zu einem langen Leben bei.


Philosophischer Hintergrund


Snigdham gilt als die bedeutendste Eigenschaft von Öl, welche ursprünglich dem Element Jalam oder Wasser zugeschrieben wird. Snigdham ist eine Eigenschaft, welche trockene und spröde Erde in weichen, geschmeidigen Schlamm verwandelt. Gemäß dem modernen Verständnis ist es die Schwerkraft, welche die Formen schafft, indem sie die Teilchen aneinander bindet. Dies steht in Übereinstimmung mit der Auffassung der indischen Lehren über das Element Bhoomi oder Erde.

Der Unterschied zwischen der Bedeutung von snighdam und dem modernen Verständnis der Schwerkraft liegt darin, dass Schwerkraft eine Verbindung und Ganzheit schafft, die zur Statik führt, während die von snigdham mit einem gewissen Grad der Mobilität, wie auch der Flexibilität einhergeht.


Durch die Umwandlung, die durch snigdham bewirkt wird, kehrt sich die Tendenz zur Auflösung und zum Zerfall in eine Integrität um; der degenerative Zustand wird damit in einen aufbauenden verwandelt und die Desintegrität wieder zu einer Einheit oder Ganzheit gesammelt. Diese beiden gegensätzlichen Kräftewirkungen stehen repräsentativ für das Dualistische in allen Erscheinung